Eine geformte und farbige Hülle für den Leichnam


Bo Werner Eriksson
zu seinen Farbgestaltungen für Särge

Der Tod ist nicht nur ein Moment der Trauer, der so schnell wie möglich vergessen  sein  will.  Der  Sarg soll  nicht  nur eine  Kiste sein,  in  die  etwas  hineingelegt  wird;  er  soll  zur  Hülle  werden können, mit der man gerne umgehen will - wie bei einem Schmetterling, ein Kokon, in  dem eine Verwandlung sich vollziehen kann.
Die Pentagrammform, die wir zugrundegelegt haben, möchte eine solche starke Hülle geben für das Seelisch-Geistige des Menschen, jetzt, wenn nicht mehr der Leib die Hülle sein kann.
Die Prozesse, die sich nun abspielen für den Toten, wenn er langsam  das  Erdenleben verläßt, sollen Unterstützung bekommen können durch die Form auf der einen Seite und durch die stoffliche Gestaltung und die Farben andererseits. Mit den Farben  können die Vorgänge des Todesgeschehens über den Tod hinaus in Einklang kommen. Diese Geste richtet sich nicht nur an den Toten, sondern auch an diejenigen Menschen,  die daran teilnehmen. Sie bekommen durch den künstlerischen Eindruck die Möglichkeit, sich hineinzuleben in den Bereich, in dem sich die Prozesse des Todes abspielen. lm  konkreten Blick auf die Särge werden zwei  Gestaltungsbereiche als Prinzip erkennbar. Der untere Teil ist so gestaltet, daß er in der  Farbwahl  mit  der  Erde, mit  der Dunkelheit, mit der Finsternis, mit der Todesschwelle in Verbindung steht. Die Qualitäten der Todesschwelle in der Erde werden da deutlich sichtbar durch das Dunkle, dunkel-bläuliches Indigo und Dunkel-Violett.
Der untere Teil gehört mehr zur Erde, zum Leib, der da hineingesenkt wird, und der obere Teil ist  mehr zum Himmel gewendet und hat entsprechende Farben. Das Inkarnat ist die stärkste Lichtfarbe und die Heimat des Geistes, so wird sichtbar, daß der lebende Leib eine Mitte gebildet hatte zwischen Erde und Himmel.
Die Farben sind dann ein Wegbereiter, eine Begleitung für den Toten, ein hüllenschaffender Raum, in dem diese Kräftewirkungen zum Seelenraum für den Toten werden. Unterstützt werden  soll  dieser  Weg über die Schwelle in  die  geistige Welt so, daß  mit dem violetten  Erdäther, den Lebensäther-Farben ein Weg gegangen wird, auf den  das  Grau, das Tote, mitgenommen wird. Das Grau wird aufgelöst in  den Geist, als künftige Lebenskraft, mit der Richtung hin zu der Welten-Mitternachtsstunde, zum vollen Aufwachen im Geist. Das Grau ist eine vermittelnde Farbe, in der das Physische sich vergeistigt, ein  Farbenbild für die Knochen.  Das Inkarnat gibt Zielrichtung, ist ein Wegweiser für den Toten hin zu seinem Ziel. Das ist der Aspekt für den Toten, und für diejenigen, die betrachten, kann so
durch die Farbgestaltung ein differenziertes Erlebnis angeregt werden,  um den  Prozeß, der sich hier im Farb-Bild vollzieht, mitzuerleben. Die  Farbwahl sollte einfach bleiben. Durch diese Farben wird bildhaft eine   Verbindung mit dem Geistigen gegeben. Ein schwarzer Sarg ist etwas wie ein Loch, das diese Verbindung nicht richtig in dem seelischen Miterleben des Menschen herstellt; das Schwarz gibt unseren Herzen nur ein Rätsel und eine Frage auf und kann uns seelisch, fühlend und wollend und denkend, nicht in derselben Art begleiten wie diese Farben. Die Farbkomposition erleichtert dem Bewußtsein den Weg zum Aufwachen. Das eröffnet neue Möglichkeiten, den Tod in der kultischen Feier als ein Aufwachen im Geiste und nicht als ein Erlöschen in eine rätselhafte Schwärze hinein zu erleben.

Der Schwede Bo Werner Eriksson ist freischaffender Maler. Er unterrichtete
bis 1993 an der von Gerard Wagner geleiteten Malschule am Goetheanum.